Feine Antennen: zwischen “Hochfrequenz”, Selbstzweifeln und tiefen Einsichten
- ein persönlicher Erfahrungsbericht -
Inhalt:
Hochsensibel und introvertiert - was bedeutet das eigentlich?
Zwischen Rückzug und Wunsch nach Nähe
Wenn Empfindungen tiefer gehen als üblich
Der Weg zu mir selbst – Erkenntnisse & Stärkung des Selbstwertgefühls
Hochsensibilität als Gabe – das unerkannte Potenzial
Den Eisberg unter der Oberfläche wahrnehmen
Impuls: Ein Blick durch liebevolle Augen – Selbstliebe & inneres Potenzial erschließen
Hochsensibel und introvertiert – was bedeutet das eigentlich?
Mir war das lange ebenso wenig bewusst wie die offensichtliche Tatsache, dass ich beides bin. Ich war ein stilles und schüchternes Kind, das sich wünschte, mehr aus sich herauszugehen. Getraut habe ich mich das aber nur in einem Umfeld, in dem ich mich besonders wohl und verstanden fühlte. Und das kam nicht allzu oft vor.
Zwischen Rückzug und Wunsch nach Nähe
Introvertiert zu sein heißt nicht, automatisch ungesellig oder weltabgewandt zu sein. Es bedeutet, dass man Energie eher aus Ruhe und Alleinsein zieht als aus dem Zusammensein mit anderen. Sich nicht verstanden zu fühlen, verstärkt allerdings das Bedürfnis nach Rückzug.
Hochsensibel zu sein bedeutet, intensiver wahrzunehmen – Sinneseindrücke, Stimmungen, Zwischentöne. Ich hätte mir gewünscht, dass diese Art zu sein, auch als etwas ganz Normales wahrgenommen wird. Denn obwohl ich einfach wie alle anderen sein wollte, habe ich schon früh gespürt, dass ich etwas „anders“ bin. Und das fühlte sich nicht gut an.
Wenn Empfindungen tiefer gehen als üblich
Heute weiß man mehr über Hochsensibilität. Es wird davon ausgegangen, dass etwa 15 bis 20 Prozent der Menschen hochsensibel sind (einige Studien sollen bis zu 30 Prozent schätzen). Hochsensible Menschen haben ein feineres Gespür für Stimmungen, unausgesprochene Signale und subtile Veränderungen in ihrer Umgebung.
Diese Wahrnehmungstiefe ist keine Einbildung – auch in verschiedenen Studien soll sich gezeigt haben, dass bestimmte Gehirnbereiche bei ihnen besonders aktiv sind, wenn es um emotionale oder sensorische Reize geht.
(-> Info der AOK über Hochsensibilität)
Doch was für andere kaum spürbar ist, kann für uns schnell zu viel werden. Durch das „Mehr" an Wahrnehmung kann eine Art innere Reizüberflutung entstehen. Wenn zu viele Stimulierungen von außen einströmen, können sie nicht alle auf einmal erfasst und eingeordnet werden. Und durch das ständige Reflektieren und Verarbeiten hört das Gedankenkarussell oft nicht auf, sich zu drehen.
Feine Antennen: innere Welt in Hochfrequenz
Ich erinnere mich, dass ich als junge Frau einmal zu meinem damaligen Freund sagte, ich könne mir nicht vorstellen, jemals nichts zu denken. Doch während ich nach außen hin ruhig, vielleicht sogar passiv wirkte, lief innerlich alles auf Hochtouren. Auch er verstand mich nicht. Er meinte, ich solle „mehr aus mir rausgehen“. Doch wie?
Wenn man schon als Kind immer wieder hört, man sei zu still, zu empfindlich oder zu „zart“, entsteht früh das Gefühl, nicht zu genügen. Meine Eltern – vermutlich selbst hochsensibel – wollten mir vielleicht helfen, aber ihre Warnungen verstärkten nur meine Selbstzweifel. Die Welt erschien ihnen wohl selbst als zu bedrohlich, um empfindsam und verletzlich sein zu dürfen.
Vererbte Muster und kollektive Prägung – was ist von mir?
Vieles von dem, was wir als „unser Wesen“ erleben, ist auch geprägt von den Erfahrungen früherer Generationen. Traumata und Ängste werden oft unbewusst weitergegeben. Sensible Menschen spüren wahrscheinlich auch diese Schichten besonders intensiv – und tragen umso schwerer daran, wenn sie sie nicht einordnen können.
Ich habe als Kind oft gespürt, dass das, was gesagt wurde, nicht immer mit dem übereinstimmte, was emotional mitschwang. Das hat mich verunsichert – ich konnte es nicht benennen, aber ich fühlte, dass etwas nicht stimmte.
Solche Erfahrungen erschüttern das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung und prägen. Sie verstärken die Selbsteinschätzung: „Ich bin anders. Wie ich empfinde, ist nicht richtig.“
Wenn Selbstzweifel lauter sind als die eigene Stimme
In der Schule habe ich mich selten getraut, mich zu melden – obwohl ich oft etwas Sinnvolles hätte beitragen können. Aber ich glaubte, dass das, was ich zu sagen hatte, nicht wichtig genug oder falsch sei.
Ich erinnere mich an eine Situation, in der der Lehrer unsere Meinung zu einer Geschichte hören wollte. Es ging darin um Gerechtigkeit und eine zweite Chance im Leben. Ich hatte eine klare Idee, aber meine Angst, missverstanden zu werden, war größer. Keines der Kinder nannte, worauf der Lehrer eigentlich hinauswollte. Und am Ende sagte er genau das, was ich innerlich gespürt hatte.
Der Weg zu mir selbst – Erkenntnisse & Stärkung des Selbstwertgefühls
Mit Mitte 30 begann ich, mich intensiver mit mir selbst auseinanderzusetzen. Ich suchte nach Antworten: Warum reagiere ich manchmal so gereizt? Warum traue ich mir so wenig zu, obwohl ich innerlich weiß, dass ich viel mehr kann?
Ich probierte verschiedene Ansätze und Methoden aus – doch wirklich weitergebracht hat mich erst das bewusste Lauschen nach innen. Ich begann, mein eigenes Erleben ernst zu nehmen und immer mehr zu verstehen. Mir wurde immer bewusster, dass Sensibilität keine Schwäche und das eigene Fühlen durch nichts zu ersetzen ist. Eine feine innere Wahrnehmungsfähigkeit ist eine Stärke, wenn sie sich entfalten kann.
Ohne die Empfindung, anders - nicht gut genug - zu sein, hätte ich mich wohl kaum irgendwann auf die Suche nach den Gründen gemacht.
Und ohne meine Sensibilität hätte ich ganz viele wertvolle Erkenntnisse nicht daraus gezogen!
Hochsensibilität als Gabe – das unerkannte Potenzial
In der Tierwelt sind feine Sinne überlebenswichtig – denken wir nur an die Tierarten, die ein entstehendes Erdbeben wahrnehmen können, lange bevor es ausbricht.
Und auch bei uns Menschen würden die feinen Sinne eine außerordentlich wichtige Rolle spielen, wenn wir sie nicht übergehen, sondern erschließen.
Den Eisberg unter der Oberfläche wahrnehmen
Feinfühlige Menschen nehmen oft Dinge wahr, die anderen entgehen – das kann im zwischenmenschlichen Bereich genauso wichtig sein wie im beruflichen oder gesellschaftlichen Kontext.
Doch solange sie an sich zweifeln und nicht ernst genommen werden, können sie ihre Wahrnehmungen oft nicht richtig zuordnen.
Deshalb ist wichtig:
Hochsensible brauchen Räume, in denen sie auftanken können. Rückzug, Stille, achtsamer Umgang mit sich selbst sind kein Luxus, sondern notwendig, um das Wahrgenommene unbeeinflusst reflektieren, einordnen und verarbeiten zu können. Damit sich das volle Potenzial dieser Fähigkeit entfalten kann.
Ein Blick durch liebevolle Augen – Selbstliebe & inneres Potenzial erschließen
In einer Welt, in der Dominanz und Lautstärke oft als Stärke gilt, vergessen viele Menschen, wie viel Kraft und Wahrhaftigkeit in der Stille liegt.
Sensible Menschen verlieren sich leicht in den Bedürfnissen anderer – und verlieren sich dabei selbst. Umso schwerer fällt es, die eigenen Bedürfnisse überhaupt noch zu spüren.
Deshalb habe ich dazu einen kleinen Impuls für dich:
Stell dir vor, es gibt einen Menschen, der dich sieht, wie du wirklich bist – mit all deiner Feinfühligkeit, Tiefe und inneren Stärke. Der erkennt, was in dir steckt, und daran glaubt, auch wenn du es gerade selbst nicht kannst.
Wie würde dieser Mensch dich anschauen? Wie würdest du dich durch seine Augen sehen?
Schlussgedanken – Und du?
Hochsensible und introvertierte Menschen erleben die Welt anders, im Inneren besonders intensiv – und oft auch verletzlicher. Viele erkennen ihre Besonderheit erst spät, weil unsere Gesellschaft ihre Stärken lange nicht gesehen hat und auch heute noch nicht uneingeschränkt sieht. Hast du sie schon erkannt?
Wenn du beginnst, dich selbst wirklich zu verstehen und anzunehmen, kannst du in dir eine besondere Kraft entdecken - eine tiefe Quelle innerer Weisheit, echter Einfühlsamkeit und intuitivem Gespür für ganzheitliche Zusammenhänge. - Fähigkeiten, die wir in unserer heutigen Welt mehr denn je brauchen!
Spür mal in dich rein:
Wie würde es dich verändern, wenn du deine Sensibilität nicht mehr als Schwäche, sondern als Stärke annehmen könntest?
Magst du unten im >Kommentarfeld etwas über deine Erfahrungen schreiben?
Ich freue mich über deinen Kommentar zu diesem Artikel:
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